Selbstständig und Krebs – eine schwierige Situation
Christine Raab ist als Selbstständige gut im Geschäft, als sie mit 32 Jahren die Diagnose Brustkrebs erhält. Sie übersteht die Erkrankung zunächst erfolgreich und etabliert sich als Yogalehrerin, bis sie acht Jahre nach ihrer Erstdiagnose erneut erkrankt. Ihre Erfahrung: Kompetente Beratungsangebote für Selbstständige oder Einzelunternehmer, deren finanzielle Existenz durch eine lang andauernde Krankheit bedroht ist, fehlen leider.
Frau Raab, wie geht es Ihnen aktuell?
Christine Raab: 2022 wurden bei mir leider Metastasen diagnostiziert. Ich bekam erneut Chemotherapie, dabei ging es mir gefühlt viel schlechter als beim ersten Mal. Jetzt fühle ich mich im Vergleich dazu schon wieder ganz gut. Aber natürlich bestehen dauerhafte Einschränkungen und Nebenwirkungen.
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Selbstständige sollte eine freiwillige gesetzliche Kranken- und Rentenversicherung erwägen
Christine Raab, Cancer Survivor (Bildnachweis: www.timoraab.de)

Wie war Ihre private und berufliche Situation bei Erstdiagnose?
Christine Raab: Beruflich war ich auch da schon selbstständig. Eigentlich bin ich ausgebildete Erzieherin, hatte damals meine eigene Schwimmschule für Kinder und half freiberuflich manchmal in Kindergärten aus. Darüber hinaus arbeitete ich als Make-up Artist. Ich hatte Glück, weil ich kurz zuvor einen Schwimmlehrer eingestellt hatte, der mich entlasten konnte. Ich bin freiwillig gesetzlich kranken- und rentenversichert und konnte mich dank des Mitarbeiters für etwas mehr als ein Jahr krankschreiben lassen.
Wie ging es dann weiter?
Christine Raab: Leider konnte ich mich 2022 nicht krankschreiben lassen, weil ich keine Mitarbeiter hatte, die hätten einspringen können. Außerdem sind einige meiner Angebote online abrufbar − bei einer Krankschreibung hätte ich auch auf diese Einkünfte verzichten müssen. Dazu kam, dass mein erster eigener Yoga-Ausbildungskurs gerade losgehen sollte. Die Kursgebühren waren im Voraus bezahlt – da sagt man nicht einfach ab. Ehrlich gesagt, die Frage, wie ich in dieser Situation Geld verdiene, kreiste ständig in meinem Kopf. Ich ließ den Ausbildungskurs weiterlaufen, organisierte Ersatz, wenn ich nicht konnte, und löste die anderen Kurse nach und nach auf. Ohne das Verständnis und die Unterstützung der Kund*innen hätte das nicht funktioniert.
Wie geht es jetzt für Sie weiter?
Christine Raab: Ich habe die Erwerbsminderungsrente beantragt. Der Entschluss dazu war emotional und mental sehr herausfordernd. Denn ich liebe das, was ich beruflich tue, und arbeite gerne, auch gerne als Selbstständige. Die Arbeit lenkt von der Krankheit ab und tut gut, solange es nicht zu viel wird. Dennoch musste ich einsehen, dass ich nicht so kann, wie ich gerne möchte. Mittlerweile habe ich mich gedanklich damit arrangiert.
Was raten Sie anderen Einzelunternehmer*innen, die an Krebs erkranken?
Christine Raab: Ich bin eine große Verfechterin der Möglichkeit, sich freiwillig gesetzlich zu versichern. Dadurch setzt nach sechs Wochen die Krankengeldzahlung ein und der Weg in die Erwerbsminderungsrente ist möglich.
Und welche Unterstützung wünschen Sie sich darüber hinaus?
Christine Raab: In meinem Fall wäre die Möglichkeit einer „Teilzeitkrankschreibung“ gut gewesen. Meine Therapiezyklen wiederholten sich alle drei Wochen: In der ersten Woche nach der Chemo ging es mir nicht gut, aber danach hätte ich durchaus arbeiten können. Diese Art der Flexibilität hat aber meine Krankenkasse nicht mitgemacht. In der Reha sind außerdem alle Informationsangebote auf die Bedürfnisse von Angestellten ausgerichtet, es gibt es sehr wenige Informationen für Selbstständige oder Einzelunternehmer. Das müsste sich ändern.
Selbstständige und Krebs: Worauf sie achten sollten
Gespräch mit R. Rötten, Berliner Krebsgesellschaft e. V., Hermann-Josef Tenhagen, finanztip.de, und Simone Weidner, Stiftung Warentest
